Ein kulturhistorischer Pfad als verbindendes Element der Dorf- und Landschaftsgeschichte
von Rainer Dambeck
Das Programm zur Dorferneuerung hat viel Positives bewirkt. Zahlreiche Beispiele belegen, dass es in Nieder-Oberrod gelungen ist zu modernisieren und dabei den typischen Charakter des über die Jahrhunderte gewachsenen Ortsbildes zu bewahren. Nicht zuletzt deshalb ist die von Touristen wie Einheimischen gleichermaßen geschätzte ländliche Idylle am Rande des Rhein-Main-Gebietes erhalten geblieben. Indes hat der Strukturwandel zur modernen Dienstleistungsgesellschaft auch hier zu unübersehbaren Veränderungen geführt. Aus den einst bäuerlich geprägten Dörfern sind die landwirtschaftlichen Betriebe bis auf Ausnahmen verschwunden. Nur wenige Mitbürger wissen noch aus der guten alten Zeit zu berichten, als das dörfliche Leben entbehrungsreich, dafür aber – aus heutiger Sicht – noch etwas beschaulicher war. Mit dem demographischen Wandel verblasst allmählich die Erinnerung an die Vergangenheit und mit dem Wissen der älteren Generationen geht stets ein Stück Heimat- und Kulturgeschichte unwiederbringlich aus dem Bewusstsein der Bevölkerung verloren.
Menschen lebten sicher bereits lange Zeit vor der urkundlichen Ersterwähnung von Nieder- („inferior rode“) und Oberrod („superior rode“) im Dattenbach-Tal. Schriftquellen belegen die Existenz der beiden Siedlungen für das zu Ende gehende 13. Jahrhundert. Solange vermag niemand zurückzublicken. Stumme Zeugnisse der landschafts- und siedlungsgeschichtlichen Entwicklung finden sich jedoch an vielen Stellen in der Feldgemarkung und den Ortskernen. In historischen Flurbezeichnungen und Ortsnamen (z.B. Galgenstatt, Gebück) dokumentiert sich die ehemalige Bedeutung bzw. Nutzung dieser Areale und Lokalitäten, deren Existenz sich dem aufmerksamen Beobachter heute nicht mehr erschließt. Dieses Erbe gilt es der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und für die Nachwelt zu erhalten. Aus diesem Ansinnen heraus wurde die Idee zu dem geologisch-kulturhistorischen Rundwanderweg geboren, auf dem Einheimische wie Gäste die Spuren der Vergangenheit entdecken und erleben können.
Die Idee das landschafts- und kulturgeschichtliche Erbe von Nieder-Oberrod aufzuarbeiten und in Form eines beschilderten Rundwanderweges umzusetzen wurde als eines der letzten Projekte der Dorferneuerung in Zusammenarbeit mit der Gruppe „Schöpfung Bewahren“ in Angriff genommen. Auf einer Gesamtstrecke von ca. acht Kilometern verbindet der Rundweg zwölf Tafel-Stationen unterschiedlicher thematischer Inhalte (z.B. Erdgeschichte, Dorf- und Kulturhistorie, Ökologie). Für die Auswahl der Standorte war der historische Wert eines Ortes von Bedeutung, aber auch Kriterien, wie z.B. „Einzigartigkeit“ bzw. „Seltenheit“ spielten dabei eine Rolle. Zudem wurde die geographische Lage der Bezugspunkte berücksichtigt, um Streckenkontinuität und annähernd gleiche Entfernungen zwischen den Themen-Tafeln zu gewährleisten. Zur Orientierung ist die Wegführung mit Stelen markiert, die mit dem Logo des Rundwanderweges einheitlich gekennzeichnet sind.
Vier Eingänge erleichtern es Besuchern den Einstieg in den Rundweg zu finden. An diesen „Portalen“ (z.B. Parkplatz „Glaswald“ jenseits der Bundesstraße 8) informieren Hinweistafeln zur Streckenführung und zum Themenangebot. Eine zentrale Stellung nimmt die Info-Tafel mit der Nummer 10 am Standort des ehemaligen Feuerwehrgerätehauses in Oberrod ein. Dort sind zahlreiche historische Daten zur Dorfgeschichte chronologisch aufgeführt. Auf der rückwärtigen Wand ist ein Übersichtsplan mit Wanderwegen um Nieder-Oberrod angebracht, der die An- und Einbindung des Rundweges an das Fernwegenetz zu erkennen gibt. Auch damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass der Buchfinkenland-Rundwanderweg als ein Beziehungen schaffendes und Kommunikation förderndes Strukturelement zu verstehen ist, das historische und moderne Zeiten und verschiedene Räume miteinander verbindet.